Beamtenversorgung: Neid und Wirklichkeit*
Gerade in letzter Zeit mehren sich die Forderungen nach einer Einbeziehung der Be-amten in die allgemeine Altersversorgung und damit in die gesetzliche Rentenversicherung. „Obwohl die Fakten auf dem Tisch liegen, sind Beamte offenbar immer wieder gut für Neid-Debatten, die von Nichtwissen geprägt sind“, kritisierte die stell-vertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock die anhaltende Debatte um die Be-amtenversorgung. Deshalb gilt es, durch gezielte und objektive Informationen die-sem Nichtwissen entgegenzuwirken.
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Beamtenversorgung – warum?
Grundlage dafür, dass es für Beamtinnen und Beamte ein eigenes, vom Rentenrecht abgekoppeltes Versorgungsrecht gibt, ist das Alimentationsprinzip. Es gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und ist somit verfassungsrechtlich geschützt (Art. 33 Abs. 5 GG). Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren. Der Dienstherr ist also nicht nur während des Bestehens des Beamtenverhältnisses zur Alimentation verpflichtet, sondern auch danach in der Zeit des Ruhestandes. Daher sind Beamte schon nach den Vorgaben der Verfassung anders als Arbeitnehmer nicht in den vier Systemen der gesetzlichen Sozialversicherung (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung) versichert.
Unterschiedliche Systeme
Beamte zahlen nicht wie Arbeitnehmer während des aktiven Berufslebens in die gesetzliche Rentenversicherung ein und erhalten demzufolge nach ihrem Berufsleben auch keine Rente. Sie erhalten stattdessen ab Beginn des Ruhestands eine von ihrem Dienstherrn zu zahlende, gesetzlich geregelte Versorgung. Genauso wie die Besoldung ist die Versorgung durch Gesetz geregelt. Dies ist in § 3 Abs. 1 BeamtVG für Bundesbeamte geregelt. Für Landesbeamte gelten künftig nach der Beamtenrechtsreform eigene Landesbeamtenversorgungsgesetze, die diesbezüglich aber wegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG keine abweichenden Normen enthalten können. Alles, was Ruhestandsbeamte als Versorgung erhalten, bedarf daher einer Regelung durch Gesetz. Das bedeutet: Alle Erhöhungen der Versorgung (vgl. §§ 70, 71 BeamtVG bzw. die entsprechenden Landesgesetze) müssen vom Gesetzgeber beschlossen werden. Eine höhere als die gesetzlich bestimmte Versorgung darf nicht gezahlt werden. Entsprechende Vereinbarungen wären unwirksam (§ 3 Abs. 2 BeamtVG bzw. die entsprechenden Landesgesetze). Ebenso dürfen Ruhestandsbeamtinnen und -beamte nicht auf die zustehende Versorgung verzichten (§ 3 Abs. 3 BeamtVG bzw. die entsprechenden Landesgesetze).
Beamtenversorgung einerseits und gesetzliche Rentenversicherung sowie Betriebsrente in der Privatwirtschaft andererseits sind also völlig unterschiedliche Alterssicherungssysteme. Während die amtsangemessene Versorgung nach dem Alimentationsprinzip für Beamte die Grundlage für die Alterssicherung bildet, richtet sich die Alterssicherung bei den Arbeitnehmern nach den in die Rentenversicherung einbezahlten Beiträgen und damit nach der Höhe des Einkommens (sog. „Äquivalenzprinzip“).
Unterschiedliche Berechnungsgrundlagen
Die Versorgung der Beamten erfolgt aus dem letzten Amt im statusrechtlichen Sinn bzw. aus dem Bruttoendgehalt dieses letzten Amtes. Hingegen hängt die Höhe der Rente des Arbeitnehmers von dessen Lebenszeiteinkommen ab, also von allen während der Beschäftigungsverhältnisse bei einem oder mehreren Arbeitgebern erzielten Bruttogehältern.
Die Beamten erhalten während ihres aktiven Dienstes deutlich geringere Brutto-Bezüge als Tarifbeschäftigte. Der Grund: Die durch Gesetz geregelte Besoldung fällt gerade wegen den zur Alimentationspflicht der Dienstherren zu rechnenden Versorgungsleistungen (Pension) entsprechend niedriger aus. Damit gilt: Die Beamten „erdienen“ sich ihre Versorgung durch einen permanenten „Gehaltsverzicht“ gegenüber den Arbeitnehmern.
Nach der derzeitigen Rechtslage steigert jedes volle Dienstjahr, in dem ein Beamter Vollzeit gearbeitet hat, den individuellen Anspruch auf Ruhegehalt um den Wert 1,79375 des oben genannten Endgrundgehaltes, so dass nach 40 Jahren der höchstmögliche Wert von 71,75 (= 40 x 1,79375) erreicht wird. Der so errechnete Wert stellt die Prozentzahl dar, mit der der aktuell gültige Besoldungsanspruch eines aktiven Beamten multipliziert wird, um den zustehenden Pensionsanspruch zu kalkulieren. Soweit Teile eines Familienzuschlages zustehen, werden diese ungekürzt gezahlt.[1]
Steuerliche Aspekte
Pensionen werden im Gegensatz zu gesetzlichen Renten voll besteuert. Die gesetzliche Rente wird nur zu 60 Prozent versteuert, 40 Prozent bleiben also grundsätzlich steuerfrei. Das Ruhegehalt der Beamten zählt steuerlich zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit und ist daher grundsätzlich wie jeder Lohn oder jedes Gehalt steuerpflichtig. Erst ab dem Jahr 2040 werden Pensionen und Renten steuerlich gleichbehandelt. [2]
Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung nicht finanzierbar
Die zwangsweise Einbeziehung aller Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung würde zu einem kaum übersehbaren staatlichen Finanzierungsrisiko werden. Unabhängig davon, dass eine solche Vorgehensweise mit dem Grundgesetz kaum vereinbar wäre (siehe oben die Ausführungen zum Alimentationsprinzip) müssten alle Beamte mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen nachversichert werden. Aber selbst bei einer Einbeziehung von künftigen, noch zu ernennenden Beamten müsste nach Aussage der Bundesregierung die öffentliche Hand mit erheblichen Mehrkosten gegenüber dem bisherigen Versorgungssystem rechnen. Deshalb meint etwa Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses des deutschen Bundestages zur Frage der gesetzlichen Rentenversicherung für Beamte: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Staat zu ruinieren, das wäre eine davon.“ [3]
Fazit:
Die eigentliche Ursache für die zahllosen Anfeindungen gegen die Altersversorgung der Beamten ist in der rechtlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses zu sehen: Beamte sind aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Stellung weisungsgebunden, sie dürfen nach unserem Grundgesetz nicht streiken und haben sich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass es dem Ansehen ihres Amtes entspricht. Ihre Handlungen sind gerade nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern auf eine gerechte und uneigennützige Aufgabenerfüllung im Interesse der Allgemeinheit.
Damit sie diese Aufgabe nach ihrem verfassungsgemäßen Auftrag, das heißt gerecht und unparteilich erfüllen können, muss ihnen ihr jeweiliger Dienstherr als Ausgleich ein großes Maß an Absicherung während ihres aktiven Dienstes – aber auch noch nach dessen Beendigung – gewähren.
Gerade dieser letztgenannte Umstand weckt bei vielen Außenstehenden Missgunst und Argwohn. Man sollte dabei aber weder in der Öffentlichkeit, noch innerhalb des Berufsbeamtentums selbst vergessen, dass die in unserem Staat gewohnte und zu Recht als selbstverständlich geltende stabile Verwaltung nicht ohne ein funktionierendes und finanziell unabhängiges Berufsbeamtentum denkbar ist und ein funktionierendes Berufsbeamtentum wiederum nicht ohne ein gesichertes Alterssicherungssystem existieren kann.
Dr. Maximilian Baßlsperger
* Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift „Lohn & Gehalt“, Spezial zur Ausgabe 7/2012, Seite 6 und 7.
[1] Näheres vgl.: http://www.beamtenpension.de/