Arbeitsrechtliche Aspekte bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Potenzialanalyse
Wollen Sie mithilfe einer Potenzialanalyse vertiefte Einblicke in die Kompetenzen Ihrer Beschäftigten gewinnen, sollten Sie insbesondere auch die hierbei zu beachtenden arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen im Blick haben. Nur bei deren Wahrung können Sie die konkreten Methoden wie Assessment Center, psychologische Interviews oder Arbeitsproben rechtssicher einsetzen und gewinnbringende Personalentwicklungsmaßnahmen einleiten.
Individualarbeitsrechtliche Aspekte
Die Möglichkeit der Dienststelle z.B. duch Interviews oder psychologische Eignungstests Erkenntnisse über die Beschäftigten zu gewinnen, ist stets durch das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten beschränkt. Sie sollten daher beachten, dass grundsätzlich nur Informationen gewonnen werden dürfen, die einen Bezug zu den gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsanforderungen aufweisen. Zudem ist regelmäßig die Einwilligung der Beschäftigten in die Durchführung von Verfahren zur Potenzialanalyse erforderlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn über die Feststellung der fachlichen Qualifikation hinaus, Erkentnisse über persönliche Eigenschaften und „soft skills“ im Raum stehen. Mangels gefestigter Rechtsprechung sollte die Einwilligung so ausgestaltet sein, dass der Betroffene in groben Zügen darüber aufgeklärt wird, wie das Verfahren ablaufen wird, welche Eigenschaften erfasst werden sollen, welche Risiken bestehen, welche Aussagen aus dem Verfahren abgeleitet werden sollen und welche Informationen die Dienststelle erhält.
Des Weiteren sollten Sie die Novellierung des Beschäftigtendatenschutzes im Auge behalten. Die Änderungen am Datenschutzgesetz rücken auch die individualarbeitsrechtlichen Aspekte bei Potenzialanalysen weiter in den Mittelpunkt und schreiben aller Voraussicht nach erstmals gesetzlich Mindestanforderungen an Eigungstests und die Behandlung von in diesem Rahmen anfallenden Beschäftigtendaten durch die Dienststelle fest.
Einbindung und Rechte der Personalvertretung
Ein weiterer Erfolgsfaktor im Zusammenhang mit Potenzialanalysen ist die Wahrung der Beteiligungsrechte der Personalvertretung sowie die Kenntnis über die unterschiedlichen Regelungen in den einschlägigen Landespersonalvertretungsgesetzen. Grundsätzlich ist hierbei zwischen der Durchführung der Potenzialanalyse und den Maßnahmen, die infolge der gewonnenen Erkenntnisse durchgeführt werden, zu unterscheiden. Letztere sind bspw. Anknüpfungspunkt für die Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 7 BPersVG bezüglich der Teilnehmerauswahl an Fortbildungsveranstaltungen. Allerdings ist dieses Mitbestimmungsrecht auch bereits hinsichtlich der Verfahren zur Personalauswahl, bspw. bei der Einführung und Ausgestaltung eines Assessment-Centers, zu beachten. Bei Verfahren mit Fragebögen kommt auch ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 8 BPersVG in Betracht, wobei psychologische Testverfahren nur in engen Grenzen hiervon erfasst werden. Darüber hinaus können insbesondere Verfahren zur Erstellung von Fähigkeits- und Eignungsprofilen gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 9 BPersVG mitbestimmungspflichtig sein. Allgemeine Fragen der Beschäftigtenfortbildung werden ferner vom Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 2 Nr. 6 BPersVG erfasst. Auch kann ggf. das Mitbestimmungsrecht des § § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG berührt sein. Um rechtssichere Personalentscheidungen auf der Grundlage von Potenzialanalysen treffen und umsetzen zu können, empfiehlt es sich angesichts der Sensibilität der Materie, Konflikten mit der Personalvertretung vorzubeugen, diese mit einzubinden und ggf. eine Dienstvereinbarung abzuschließen.
Carsten Brachmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner bei
Ogletree Deakins International LLP, Rechtsanwälte │ Fachanwälte für Arbeitsrecht, Berlin