TVöD: Berechnung des Urlaubs für Arbeitnehmer in Schichtarbeit
Passend zur Urlaubszeit hat das BAG durch Aufstellung einer Formel Hilfestellung bei der Umrechnung von Urlaubstagen in Arbeitstage geleistet.
Leitsatz:
§ 26 Abs. 1 TVöD gewährleistet bei jährlich 30 Arbeitstagen Urlaub eine zusammenhängende Urlaubsdauer von sechs Wochen in der Fünf-Tage-Woche. Verteilt sich die Arbeitszeit auf mehr oder weniger Tage, ist die Anzahl der Urlaubstage mit dem Ziel einer gleichwertigen Urlaubsdauer durch „Umrechnung“ zu ermitteln. Die Anzahl der Urlaubstage erhöht oder vermindert sich nach § 26 Abs. 1 Satz 4 TVöD entsprechend.
Sachverhalt:
In dem zu entscheidenden Fall standen dem Kläger nach § 26 Abs. 1 TVöD für das Jahr 2008 30 Arbeitstage tariflicher Erholungsurlaub zu, da er das 40. Lebensjahr vollendet hatte. Der als Wachschichtführer beschäftigte Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung im ständigen Schichtbetrieb. Schichtbeginn war jeweils um 8.00 Uhr, Schichtende am folgenden Tag ebenfalls um8.00 Uhr (also 24 Stunden). Dann folgten 24 Stunden Ruhe. Die nächste Schicht begann dementsprechend wieder um 8.00 Uhr am Morgen des Folgetags und dauerte wieder 24 Stunden. Im Jahr 2008 hatte der Kläger insgesamt 147 Arbeitsschichten zu leisten.
Begründung:
Die Kernaussagen des BAG lauten:
Für den Kläger errechnen sich für das Jahr 2008 34 Urlaubstage, und zwar wie folgt: Die in § 26 Abs. 1 TVöD für die Urlaubsdauer bestimmte Zahl von „30 Arbeitstagen“ ist umzurechnen. Sie ist auf die Arbeitnehmer bezogen, die in der Fünf-Tage-Woche arbeiten. Wenn die Arbeit abweichend auf weniger oder mehr Wochentage verteilt ist, ist gesondert je nach unterschiedlicher Arbeitspflicht und deren Verteilung die Anzahl der Urlaubstage zu ermitteln, die zur gleichen Dauer eines zusammenhängenden gleichwertigen Urlaubs nötig ist. Den Tarifvertragsparteien kann nämlich nicht ohne weiteres der Wille unterstellt werden, eine Regelung zu treffen, nach der die Urlaubsdauer ohne sachlichen Grund für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedlich lang sein soll. Davon geht auch § 26 Abs. 1 Satz 4 TVöD aus. Nach dieser Bestimmung erhöht oder vermindert sich ausdrücklich der Urlaubsanspruch entsprechend, soweit die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr oder weniger als auf fünf Tage verteilt ist.
Der TVöD trifft keine besondere Umrechnungsbestimmung für Schichtarbeit. Deshalb ist nach allgemeinen Grundätzen umzurechnen. Ist die regelmäßige Arbeitszeit nicht auf eine Kalenderwoche verteilt, muss für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen Urlaubs auf den längeren Zeitabschnitt abgestellt werden, in dem im Durchschnitt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit erreicht ist.
Für die Umrechnung ist grundsätzlich auf Arbeitstage abzustellen. Die Anzahl der Arbeitstage
mit Arbeitspflicht ist mit der Anzahl der Urlaubstage ins Verhältnis zu setzen. Die Arbeitszeit des Klägers war nicht regelmäßig auf jeweils eine Woche bezogen, sondern durch den Schichtrhythmus (24 Stunden Arbeit/24 Stunden Freizeit) anders verteilt. Eine gleichwertige Umrechnungsmethode wird erreicht, wenn - bezogen auf das Kalenderjahr.- die für den Arbeitnehmer mit abweichender Arbeitszeit maßgebliche Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht mit der Anzahl der in der Fünf-Tage-Woche geltenden Anzahl der Arbeitstage zueinander ins Verhältnis gesetzt wird. Dabei ist das Jahr mit 365 Kalendertagen und für die in der Fünf-Tage-Woche beschäftigten Arbeitnehmer mit 261 Arbeitstagen anzusetzen; denn die Tarifvertragsparteien haben in § 21 TVöD für die Bemessung der Entgeltfortzahlung auf einen anderen Referenzzeitraum als auf die letzten 13 Wochen abgestellt.
Die danach maßgebliche Umrechnungsformel lautet:
Urlaubstage x Arbeitstage bei abweichender Verteilung
Arbeitstage in der Fünf-Tage-Woche
In diese Formel sind folgende Werte einzusetzen:
- Als Dividend: Die „nominell“ im Tarifvertrag festgelegte Anzahl von 30 Urlaubstagen. Diese sind mit der vom Kläger im Schichtsystem zu leistenden Anzahl von 294 Arbeitstagen (= 147 kalendertagübergreifenden Arbeitsschichten) zu multiplizieren.
- Als Divisor sind die in der Fünf-Tage-Woche möglichen 261 Arbeitstage einzusetzen.
Daraus errechnet sich für den Kläger wegen dessen im Vergleich zur Fünf-Tage-Woche erhöhter Anzahl von möglichen Urlaubstagen eine größere Anzahl von erforderlichen Urlaubstagen, um eine gleichwertige sechswöchige Urlaubsdauer zu erreichen.
Ihm sind dazu also 33,79 Arbeitstage, aufgerundet 34 Arbeitstage (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 5 TVöD), zu gewähren.
BAG U. v. 15.3.2011
Az: 9 AZR 799/09
Bernhard Faber, Richter am Arbeitsgericht a. D.